Toskana in zwei Gängen – Genuss auf die besondere Art

von Norbert Sauer

Ete wich leider auf die kurze 75-km-Strecke aus

Toskana in zwei Gängen – Genuss auf die besondere Art

Auch in diesem Jahr war mir das Losglück treu und ermöglichte mir am 04.10. einen Start bei der 19. Ausgabe der L‘ Eroica in Gaiole (Italien). Um bei meinem siebten Start eine neue Herausforderung zu setzen, stand in diesem Jahr der Versuch der Streckenbewältigung mit einem Rad im Stil der 40er bis 50er Jahre im Vordergrund. Das bedeutet vorne Trommelbremse, hinten Rücktrittbremse und zur Fortbewegung zwei Gänge, alles montiert an einem sogenannten Halbrenner. So ging es am Sonntag um 5.00 Uhr morgens mit vielen anderen begeisterten Vintagefahrern auf die 209 km. 

Da die Übersetzung auf Berghoch ausgelegt war, konnte ich die Gruppen getrost sausen lassen. Mehr als 25 km/h waren in der Ebene, wenn es die denn mal gab, eh nicht drin. Mit dem von Kerzen beleuchteten Anstieg zum Castello Brolio wurden auch bald die ersten der knapp 4000 Höhenmeter vernichtet und es lief besser als gedacht. Da die Geometrie des Halbrenners früher auf sturen Geradeauslauf ausgelegt war, konnte ich es, den breiten Reifen sei Dank, bergab laufen lassen. In der Dunkelheit nutzen viele Mitfahrer die Kraft der deutschen Beleuchtungstechnik und fuhren im Lichtschatten mit. Bei Tagesanbruch ging es an Siena vorbei Richtung der ersten Prüfung, dem Anstieg nach Montalcino. Die gewählte Übersetzung ließ bei den ca. 15% Steigung ein Drehen der Kurbel gerade noch zu, aber bereits dort sagten die Beine, dass es hinten raus doch eng werden könnte. Auch das Wetter deutete an, es heute nicht gut mit den Radfahrern halten zu wollen. Nachdem die mühsam erkämpften Höhenmeter in einer rasanten Abfahrt gleich wieder vernichtet wurden, setze gegen 10.00 Uhr zur Freude aller auch noch Regen ein, der bis zum frühen Nachmittag ein starker Begleiter wurde. Die meist schon nicht einfachen Abfahrten wurden nun noch weiter erschwert. Die Wahl des Rades erwies sich aber für solche Wetterbedingungen auf den Abfahrten als perfekt. Am Berg verhinderte aber das Systemgewicht aus Mensch und Maschine und die doch nunmehr grenzwertige Übersetzung neue Rekorde bergauf. Besonders der Anstieg hinter Asciano und zum Monte Santa Maria zeigte mir dann meine Grenzen auf. Schieben war nun auch angesagt. Ist aber bei der L‘ Eroica durchaus üblich, also keine Schande. Endlich zeigte sich auch wieder die Sonne. Der Dreck der Schotterpiste wurde dadurch aber langsam hart wie Beton. Aber an der nächsten Kontroll- und Verpflegungsstation nahte Rettung. Es gab Wasser aus Schlauch und so stand einer Reinigung von Maschine und Fahrer nichts mehr im Wege. Nass war eh schon alles. Ich stellte mich innerlich schon auf einen langen Tag ein. Oberstes Ziel war nun die Passage der letzten Streckengabelung vor der Closing Time um 19.15 Uhr. Und die Motivation trug Früchte, schon um kurz vor 17.00 Uhr ging ich auf den letzten Streckenabschnitt und die letzten 30 km. Allerdings hatte ich die nicht mehr so anstrengend in Erinnerung. Auf der letzten Rille ging es zum Ziel, Richtung Marktplatz in Gaiole. Dann endlich Zielgasse, Beifall und Ziellinie. Die linke Zielgasse ist voll. Dort kommen Fahrer der 135 km-Runde an. Die rechte Gasse ist für die 209 km-Runde und leer! Na dann schnell rauf auf das Fotopodest, Medaille und Siegerpokal (in Form eines Kaffeebechers) in Empfang genommen und ab ins Sauerstoffzelt. Ein harter Arbeitstag geht gegen 19.00 Uhr zu Ende. Und der Beweis ist erbracht, man kann auch ohne Hightech eine solche Strecke bewältigen. Wiederholung ist eventuell möglich. Es bleibt mir aber ein Rätsel, wie die Radrennfahrer der vergangenen Tage mit solcher Technik noch längere Distanzen bewältigen konnten. Respekt. L’Eroica, das bedeutet eine wunderschöne Veranstaltung mit netten Leuten in einer einmalig schönen Landschaft, die jeder vielleicht mal erlebt haben sollte.

Norbert.

Und Bilder gibt’s auch ….

 

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