Thomas' Tour-Transalp Blog

von Thomas Warnke

25.06.2011, 21:30 - Sonthofen

Heute ist es also soweit. Start zur Tour-Transalp 2011.

7:00 Uhr Abfahrt Magdeburg (fast pünktlich), 13:00 Uhr Ankunft Sonthofen.

Abholen des Teilnehmerausweises, der Startnummern, einer großen Reisetasche und diversen Info- und Werbematerials. Der Teilnehmerausweis gewährt Einlass in die Kaserne, dort Packen der Reisetasche mit allem, was man meint, in dieser Woche zu brauchen, Zusammenbauen der Räder, und Beziehen des Camps in der Turnhalle.

Umziehen, aufs Rad und Einrollen. Den ersten Anstieg des morgigen Tages, die ersten 25 km, die ersten 400 hm. Es läuft!

Bis Achim von hinten meint, mein Hinterrad eiert. Anhalten, gucken, es eiert... Beim letzten Harz-Training hatte mir ein Schlagloch eine Speiche aus der Felge gerissen. Schnell bei Ebay einen Radsatz gekauft, "neuwertig". Es eiert...

Zurück ins Camp, die Räder im Bike-Park abgeben und das Auto auf den Parkplatz einer anderen Kaserne fahren, wo es die Woche verbleibt. Zu Fuß zurück und zur Pasta-Party mit anschließender Begrüßung und Briefing der 1. Etappe.

Bis hier alles perfekt organisiert.

What a day!



26.06.2011, 09:20 - Sonthofen

Der Tag beginnt erstaunlich. Ich werde halb 6 wach und habe, wow, durchgeschlafen. Ein Dank der neuen 7.5er Isomatte! Nur gut, dass ich Achims Zweitmatte abgelehnt habe. Er meint, es hätte keinen Unterschied gemacht, ob er auf oder neben seiner Matte gelegen hätte.

Duschen, Rasieren. Zähneputzen, es ist noch leer im Waschraum. Ab 6 gibt's Frühstück in der Kantine. Soldatenkost und Kaffee bis zum Abwinken, olé.

Tasche packen, umziehen, Trinkflaschen füllen. Nur nichts vergessen! Vor der Halle stehen schon die AVIS-Transporter. Taschen abgeben, Räder abholen, Proberunde, Luft hält.

Ab 9 Startaufstellung. Teamfoto, einmal in der ersten Reihe. War es gestern noch relativ kühl, bewölkt und windig ist heute Traumwetter.

Langsam füllt es sich. Die ersten 5 km sind neutralisiert, wir werden uns hinten einreihen. Nur nicht überpacen, nur nicht stürzen, nur nicht in den Besenwagen...



26.06.2011, 20:30 - Imst

15:37, Einfahrt ins Ziel-Area. Es ist noch hell!

Von ganz hinten gestartet, ging’s entspannt los. Zwei kleinere Anstiege, ein paar Abfahrten, die erste 60 auf dem Tacho. Klack, klack, klack, sch.... Das Hinterrad schleift auf der Abfahrt. Tempo raus, der Pulk fährt vorbei, "Dein Hinterrad eiert", Danke, weiß ich. Achim wartet, irgendwann sind wir unten und irgendwann auch wieder im Pulk.

Der nächste Anstieg, die Geräusche nehmen bedenklich zu. Am Verpflegungspunkt hängt eine Speiche lose und verbogen in der Felge. Welch ein Pech und welch ein Glück, dass nichts passiert ist. Zufällig steht ein ROSE-Servicewagen da. Das Rad wird getauscht, zweimal geschaltet, läuft.

Langsam geht’s durch ein paar Täler runter, ich kann wieder bremsen! Der Schlussanstieg, zugleich der erste "richtige" Pass der Tour, geht 1000 hm auf knapp 1900 m. Vor dem Gipfel noch eine Verpflegungsstation, wir fahren durch. Noch 600 hm zum Hahntennjoch. Aber irgendwie geht’s scheinbar erst  los, 9%, 10%, 12%. Kein Problem, ich hab ja den 27er. Hab ich auch, krieg ihn aber nicht drauf.

Mein Puls ist bei 178, als endlich ein Flachstück kommt. Langsam geht’s wieder unter 168, aber leicht ist anders. Das Flachstück hat 8%.

Irgendwie komm ich hoch (etliche schieben), oben wartet Achim, Passfoto und die finale Abfahrt. Zeitnahme kurz vor Imst, von dort geht’s hinter einem Race-Marshall im Konvoi ins Ziel.

Platz 69 von 111 in der AK, es sind noch welche hinter uns! Ich bin mehr als zufrieden, Achim will morgen angreifen.

In einer Tennishalle sind die Taschen schon verteilt. Kleine Regenerationseinheit im angrenzenden Schwimmbad, Pasta-Party, Siegerehrung, gelbes Trikot, Briefing für morgen, 150 km, gute Nacht!



27.06.2011 - 20:20, Ischgl

Es war hart.

Abfahrt ist ab Tag 2 um 9:00 Uhr. Aufstehen halb 6, Waschraum, Frühstück ab 6 direkt in der Tennishalle, Tasche abgeben bis 8. Rad holen, Schaltung einstellen, Startaufstellung.

Kurz nach dem Start aus Gruppe D (von D): Irgendwas schleift. Anhalten, Hinterrad drehen, nix. Hinterrad noch mal drehen, bisschen an der Bremse grackeln, der Pulk zieht vorbei.

Wieder aufs Rad, am Besenwagen vorbei, die letzten Versprengten kommen in Sicht. Achim wartet, das Schleifen ist weg, wir arbeiten uns mühsam nach vorn, bis wir irgendwann an der Hauptgruppe (D) dran sind.

Kein guter Anfang, aber glücklicherweise der einzige Defekt an diesem Tag.

Zwei Berge, einer knapp unter, einer knapp über 2000 m. Auf den Arlberpass haben die letzten Kilometer wieder 10-12%, mit dem 27er geht’s aber besser als gestern. Trotzdem merke ich schon an der Verpflegungsstation oben, dass es hart werden wird.

Lange Abfahrt, dann über die Silvretta-Hochalpenstraße auf die Bieler Höhe. Um einen Einbruch zu vermeiden, lasse ich die Gruppe ziehen und fahre mein Tempo. Nach dem zweiten Verpflegungspunkt wird es wieder steil - und heiß. Sonne und 30°C, aus dem Traumwetter ist eine Mörderhitze geworden. An einem Brunnen hänge ich den Kopf ins Wasser und trinke und trinke, das hilft kurzzeitig. Die wunderschöne Straße entschädigt, an einem Stausee wird es kurzzeitig sogar flach. Alle Gruppen sind gesprengt, man überholt und wird überholt, endlich ist es geschafft, Passfoto.

Abfahrt durch Galtür - man war nie dort und kennt die Kirche. An der Straße werden Lawinenschutzwände gebaut.

Ankunft auf dem Marktplatz in Ischgl, 7:14 h, Platz 81 in der AK, na ja... Zielverpflegung, Räder abgeben, Camp wieder in einer Tennishalle, Pasta-Party, Siegerehrung, Ehrung des Teams mit dem größten Sprung in der Gesamtwertung, Briefing, Bilder des Tages, perfekt!

Morgen 160 km und 2800 hm, nichts Steiles aber Hitze. Für uns Wunden lecken und erholen für das Stilfser Joch.



28.06.2011 – 8:30, Ischgl

Es geht mir nicht gut.

Wir stehen früh in unserem Block, um uns nicht wieder durch abgerissene Gruppen nach vorn arbeiten zu müssen. Die Sonne knallt. Die ersten 20 km sind neutralisiert, es geht von 1400 auf 700 m. Motorräder führen die Blocks "langsam mit 50 – 60 km/h" herunter.

Mir zittern die Hände, der Puls ist 20 über normal, kalter Schweiß auf der Stirn. Irgendwas mit dem Kreislauf stimmt nicht. Und in 20 min. geht es zwischen 500 Verrückten mit 60 Sachen durch schlecht beleuchtete Tunnel.

Kein Bier mehr, sollte ich die Abfahrt überleben...

28.06.2011 – 20:45, Naturns

Ich lebe. Und bin im Ziel.

Nach der Abfahrt geht es bis auf einen kleinen Huckel mit 300 hm relativ eben dahin. Irgendwann teilt es sich, ich lasse Achim ziehen und fahre in der zweiten Gruppe mein Tempo. Am ersten Verpflegungspunkt bei Km 65 treffen wir uns wieder und verabreden, dass heute jeder für sich fährt (allein in meinem Leid). Ich trinke viel und gieße mir kaltes Wasser über den Kopf. Langsam stabilisiert sich der Kreislauf.

Über die Norbertshöhe geht es in moderaten Anstiegen auf den Reschenpass. Aus dem Stausee ragt die Spitze eines Kirchturms, so was machen also nicht nur Chinesen! Auf der Abfahrt die 70, es wird!

Nach dem zweiten Verpflegungspunkt 3 böse Km mit 12 - 14%, dann etwas sanfter auf die Vinschgauer Höhenstraße. Von dort eine lange Abfahrt und über einen breiten Radweg durch endlose Apfelplantagen ins Ziel.

6:34 h, Platz 68 in der AK. Auf der längsten Etappe den bisher besten Schnitt und die beste Platzierung. Zeit für ein Bier - Prost!



29.06.2011 – 18:00, Livigno

Heute Bergfest. Die Hälfte ist geschafft und wir fahren auf den höchsten Berg der Tour, zugleich einen der höchsten Straßenpässe Europas.

Und wir kehren an den Ort zurück, wo das Projekt 2009 begann. Damals waren wir zufällig mit dem Rad in Livigno, saßen bei strömendem Regen in einem Café und sahen draußen Transalp-Teams über die Ziellinie rollen.

Das Stilfser Joch. 2793 m Höhe, 25 km mit 2300 hm und 48 Kehren. Die Sonne scheint halb 8 schon kräftig und die Temperatur steigt. 40 km Anfahrt mit leichter Steigung, der erste Verpflegungspunkt. Trinkflaschen nachfüllen, Wasser über den Kopf.

Kurve 48.
Heute läuft es besser. Tempo finden, trinken. Der erste Teil geht durch den Wald, der Pass ist für uns gesperrt, ich fahre auf der Schattenseite der Straße.
Kurve 35.
Schatten wird seltener, die Steigung hat im Schnitt 10%. Die Kurven fahre ich außen, kann dadurch immer ein paar Meter rollen und den Rücken gerade machen.
Kurve 22.
Nach einer Kurve und 1000 hm sind die Bäume weg. Vor uns eine Felswand. Ich blicke nach oben: da bewegt sich was, eine Straße. Ich blicke nach ganz oben, ein Gasthaus und immer noch eine Straße, mit genau 21 Kehren...

Atemberaubend. Man kämpft sich durch die Serpentinen und blickt nach unten auf die Stelle, wo man vor einer Stunde war. Es kommen immer noch Räder.

Auf dem Gipfel Jahrmarktstimmung, Passfoto, zwei (alkoholfreie) Bier.

Lange Abfahrt, vorbei an der Weltcup-Abfahrt von Bormio, dann 1100 hm auf den Foscagno-Pass. Mittlerweile sind auch 8% schon verdammt steil. Kurz runter, noch über den Passo d'Eira und endlich Livigno.

Kurz vor dem letzten Gipfel am Straßenrand ein MTC-Trikot. Ich denk "Was macht Achim da?" und sehe Bernd. Mächtig cool! Bernd zieht mich die Straße hoch, wir überholen noch 2 Teams, jippi.

Zieldurchfahrt nach 7:08 h, 17er Schnitt, was es alles gibt (auch das Siegerteam hat heute nur 26). Platz 66 in der AK, gesamt auf 67 vorgearbeitet. Bilder gibt's morgen, ich habe Besuch!



30.06.2011 – 8:30, Livigno

Sabine und Bernd verabschieden uns am Start.

Heute auf den Mortirolo, der gefürchtete Giro-Berg mit 11% Steigung auf 13 km.

Die Nacht in Konferenzräumen der Stadthalle war stickig. Da es gestern Abend geregnet hat, gab es leider keine Alternative.

Bernd gibt noch das Tagesziel vor (Bekanntgabe nur bei Erfolg). Und ab.

30.06.2011 – 20:00, Ponte di Legno

Startblock C!

Nach Besichtigung der Startblöcke (A-D, jeweils 150 Starter nach der Gesamtplatzierung) stellt Bernd fest, dass uns nur 17 Plätze an Block C fehlen. Attacke am Mortirolo!

Ursprünglich sollte die Tour heute über die Forcola di Livigno durch die Schweiz gehen, aber die dortigen Behörden genehmigten kein "Rennen". Das gesamte Schweizer Teilstück hätte neutralisiert gefahren werden müssen.

So geht es die beiden letzten Pässe von gestern zurück und in eine lange Abfahrt. Wenige Meter vor einer Baustelle hebt ein Marshall die rote Fahne, endlose 3 min. Achim ist besser durchgekommen, hat sich aber auf der Abfahrt einen Platten geholt und muss den Schlauch wechseln. Zusammen kommen wir zur ersten Verpflegungsstelle, direkt vor DEM Anstieg des Tages.

Der Mortirolo ist ein ehemaliger Viehweg, der irgendwann für den Giro asphaltiert wurde. Wir fahren den steilsten von 3 Aufstiegen, ein 3 m breiter, meist asphaltierter Weg, der für Autos gesperrt ist und sich durch den Wald in Serpentinen nach oben schlängelt.

Nach einem Einführungskilometer geht es zur Sache. Die ersten 4 km durchgehend mit 14-20%. Vor mir steigen etliche ab - Bilder machen, trinken, erholen. Die Hälfte schaffst du! Die Geschwindigkeit wird so niedrig, dass mein Garmin mehrmals in "Autopause" schaltet, die 34% auf der Anzeige sind wohl ein Messfehler.

650 hm, die Hälfte, ich fahre, es geht besser als ich dachte. Vor allem: Ich überhole mehr, als ich überholt werde! Jetzt kommen auch Stellen mit 10%, weiter! Endlich das Pantani-Denkmal. "Wenn ihr das seht, habt ihr's fast geschafft" hieß es im Briefing. Auf dem Höhenmesser fehlen noch 300 m. Kurz hinter dem Denkmal fällt mir ein, dass ein Bild ganz nett wäre. Aber ich müsste absteigen und "ein Pass gilt nur dann als bezwungen, wenn er durchgefahren wurde".

Der Rest ist bis auf den letzten Kilometer nicht wirklich viel leichter, aber irgendwann geschafft. Durchgefahren! Passfoto, Verpflegungsstation, nur noch 30 km.

Nach einer gefährlichen Abfahrt geht es 15 km nochmal in leichter Steigung nach Ponte di Legno. 5:14, Platz 56 in der AK, gesamt um 32 Plätze auf 435 verbessert. Startblock C!



01.07.2011 – 20:40, Kaltern

Pleiten, Pech und Pannen.

Lässig erkundigen wir uns nach Startblock C. Andere Gesichter, andere Trikots, hübschere Mädchen.

Auf Wunsch des Bürgermeisters drehen wir noch eine Runde durch die Fußgängerzone, dann geht's direkt in die Steigung zum Passo Tonale. Wie leicht sich 10% treten können. 15 km Abfahrt auf breiter, leicht geschwungener Straße, "laufen lassen". Danach noch 25 km leichte Neigung, aber Gegenwind, ich suche mir eine gut gehende Gruppe.

Die Strecke ist immer für ein Zeitfenster von 1h ab Durchfahrt der Spitze komplett gesperrt. Vor dem Feld fährt ein Führungsfahrzeug "Inizio Gara Ciclistica", nach einer Stunde beendet ein zweites Fahrzeug "Fine Gara Ciclistica" die Sperrung. Heute überholt es mich erst auf halber Strecke, direkt vor dem kurzen, aber heftigen Anstieg zum Brezer Joch.

Steile Abfahrt und Auffahrt auf den Gampenpass. Unterwegs treffe ich Udo vom Team "Grauer Wolf". Udo ist 74, hat geschätzte 500.000 km auf dem Tacho und liegt 100 Plätze vor uns in der Gesamtwertung.

Kurz hinter der Passhöhe stoppt die Gruppe vor einem Tunnel. Ein Marshall mit roter Fahne, Autos, Motorräder, kurz vor mir Achim. Ein Mädchen ist gegen eine Leitplanke geknallt, Hubschrauber, Krankenhaus Bozen, "stabil".

Nach 20 min geht's weiter. Inzwischen ist die Gruppe deutlich angewachsen, 2 Marshalls eskortieren uns runter. Noch zwei kurze knackige Anstiege, schmale Straßen, verwinkelte Kurven.

An einer Abzweigung der nächste Unfall, der Fahrer wird bereits behandelt. Die Gruppe rollt vorbei und runter ins Tal. Bis sich ein Arm hebt, "keine roten Pfeile mehr". Wir hätten an der Abzweigung abbiegen müssen... Ganze Gruppe kehrt, Berg wieder rauf, abbiegen.

In einem großen Bogen führt ein Radweg zur einzigen Unterführung unter die stark befahrene Bundesstraße. Vorbei am Kalterer See geht es zurück und nach einer letzten Steigung ist es endlich geschafft. Kurz vor dem Ziel taucht Achim vor mir auf, wenigstens haben wir durch meinen Fehler nicht noch mehr verloren.

Ak Platz 61, gesamt nochmal 4 Plätze gut gemacht auf 431. Was wäre wenn... Zwei Bier zur Pasta-Party. Siegerehrung wie immer in den 5 Kategorien Frauen, Mixed, Grand Masters, Masters, Herren.

Team-Besprechung für morgen. Wir fahren zum Abschluss zusammen und wir fahren in die Top 400. Wenn auch ein recht aussichtsloses Unterfangen, angesichts von aktuell fast 1h Rückstand. Drückt uns die Daumen!



02.07.2011 – 13:24, Arco

Die Nacht habe ich auf der Terrasse der Turnhalle geschlafen. Durch die morgendliche Kälte werde ich früh wach, es geht mir gut.

Auf dem Weg vom Bike-Parc hoch zum Camp, die Radschuhe in der Hand, fiel mir gestern zufällig noch auf, dass eine Schuhplatte nur noch an zwei Schrauben hängt. Am Startareal vor der Weinkellerei baut ROSE gerade auf. "Look Delta-Platten" - kein Problem. Was wäre das geworden... Den Link haben sie sich verdient!

Drei nicht allzu steile Pässe, gut für meine 39/27. Am Ortsausgang geht's sofort in die ersten 1000 hm. Wir kurbeln uns nach vorn, "So schnell bin ich noch nie einen Pass hochgefahren." Danke Achim!

Erste Verpflegung auf dem Mendelpass, ich fahre durch, in der langen Abfahrt rollt die Gruppe wieder zusammen. Nach den Kreislaufproblemen der ersten Tage bin ich auf Gels umgestiegen, die ich schon am Start in genügender Menge einstecke.

Auffahrt zum Andalo, dann ein Flachstück mit Gegenwind, wir erwischen eine gute Gruppe. Endlich die letzte Passhöhe, der "Passo del Ballino". Achim gibt noch einmal alles, kommt von hinten wieder heran, wir rollen gemeinsam rüber. Keine Zeit für ein Foto.

Zwei langgezogene, gewellte  Kurven und er liegt vor uns, der "Lago di Garda". Vor Torbole ziehen Unmengen Kitesurfer durch das dunkelgrüne Wasser.

Stefan vom "Süden Südtirols" macht auf der Abfahrt noch einmal Dampf. Ortseingang Arco, hinter einer Kurve die Zeitnahme. Wir lassen Stefans Partnerin vorbei, dann geht's mit einem Urschrei drüber. Ausrollen ins Stadtzentrum, Zieleinfahrt.

Chipabgabe, Medaille, Bier. Finisher-Trikot, Zielfoto. Infostand, Platz 288 heute, 338 gesamt aber es kommen noch etliche, die weit vor uns lagen. Hinterrad umtauschen, Pedale abschrauben, Rad für den Rücktransport abgeben.

Durch die Fußgängerzone ins Camp, duschen, rasieren, Isomatte.



02.07.2011 – 18:00, Arco

Scott-Attack!

Zur Pasta-Party gibt's heute Hähnchen mit Pommes und Trentino D.O.C. Ergebnisslisten, 408 - egal.

Der Bürgermeister eröffnet pünktlich um 19:00 Uhr die Abschlussveranstaltung. Paul Breitner überbringt nach einem Spiel der FCB-Allstars Grüße, "was seid ihr für Helden". Er sieht durstig aus.

Anschließend der Dank an die Helfer. Das Taschenteam, das Rescue-Team, das Verpflegungsteam, die Marshalls, die Organisationsleitung. Die Bühne ist voll, 136 Mann, tosender Applaus.

Tusch, Siegerehrung. Die Tagessieger, die Gesamtsieger. Das angriffsfreudigste Team des Tages. Startnummer 613. Wie geil ist das denn. Durch die Reihen auf die Bühne. Trikot. Ich blicke über den vollbesetzten Platz, 1200 Teilnehmer, etliche Angehörige, Gäste und Zuschauer. Mein Statement ins Mikro war gut, sagt Achim später. Ich hab's nicht mitgekriegt.

Der Abend wird lang. Drei Flaschen Wein. "Was sind wir für Kerle!" Um 2 Uhr morgens sagt der DJ Fine.



03.07.2011 – 09:30, Arco

Auf einer Wiese werde ich mit schwerem Kopf wach, wo bin ich?

Zähneputzen, ein letztes Mal die Tasche packen. Frühstück gibt es heute in verschiedenen Cafés im Stadtzentrum, um 10 Uhr kommen die Busse.



03.07.2011 – 23:00, Magdeburg

Wir erwischen den ersten Bus, in einem Hänger werden die Taschen verladen. Nach 5 Stunden und mehreren Pausen Ankunft in Sonthofen.

Wo ist der Autoschlüssel? Umladen der Taschen, Abholen der Räder. Mit den Kieler Sportfreunden aus Bremen verabreden wir uns in 2014, bevor wir ihr Auto anschieben.

Schkeuditzer Kreuz, Regen. Magdeburg, Unwetter. Hurra, wieder zu Hause!

24.07.2011 – 14:00, Magdeburg

Nachtrag

Die Tour war für uns in sportlicher Hinsicht das großartigste Ereignis unseres Lebens, vergleichbar höchstens mit einem Ironman. Die Medaillen hängen nebeneinander.

Gegenüber einer Ein-Tagesveranstaltung hat mir besonders die Atmosphäre bei den Abendveranstaltungen gefallen.
Irgendwann kannte man sich und bei den Bildern des Tages überlief mich regelmäßig ein Schauer, "Ich bin dabei?".

Mit den Erfahrungen dieser Tour könnte man sicherlich im kommenden Jahr einiges besser machen. Intensivere Vorbereitung, diszipliniertere Lebensweise, besseres Material. Statt Platz 408 kämen wir vielleicht auf 295. Aber was würde das ändern?

Nach ganz vorn brauchen wir uns keine Gedanken machen. Neben jungen Nachwuchsfahrern findet man etliche ehemalige Profis. Olaf Jentzsch, Teilnehmer an der Friedensfahrt, dem Giro und der Tour de France kam mit seiner Partnerin auf Platz 3 in der Kategorie Mixed. Auch ein ehemaliger Sieger des RAAM (Race Across America) soll am Start gewesen sein.

Wolfgang Sacher, "Der einarmige Bandit", ist die Tour mit einem Arm gefahren und war weit vor uns.

Die Mädchen aus Startblock D
mögen mir verzeihen, der Spruch passte einfach. Zu unseren persönlichen Helden zählten unbedingt Silvia und Alexandra vom "Team Rose". Sie mussten wahrscheinlich immer kalt duschen aber haben sich im Gegensatz zu anderen jeden Tag tapfer ins Ziel gekämpft!
Von 635 gestarteten Teams schafften es 557 bis Arco. Das bedeutet eine Ausfallquote von 12%.

Partner meiner!
rief Achim dem italienischen Wachmann zu, als ich beim Abholen der Räder aus einer Tiefgarage in Livigno meinen Parkschein nicht fand. Intensives Zusammensein über 9 Tage bietet Konfliktpotential, was auch bei anderen Teams zu bemerken war. Gut also, wenn man sich kennt, mit allen Schwächen und Macken, respektieren und tolerieren kann. Wir waren ein gutes Team!

Das Camp
Die Entscheidung fürs Camp fiel aus der Überlegung, dem Spirit der Tour so nah wie möglich zu sein. Für uns als Neulinge hatte es außerdem den Vorteil, in organisatorischen Fragen immer Ansprechpartner zu haben. Eine positive Grundeinstellung zum Campen sollte sicherlich vorhanden sein und für empfindliche Schläfer ist es nichts. Aber spätestens um 10 war immer das Licht aus und Ruhe, bis auf Livigno fand man auch im Freien einen Schlafplatz. Von den 1250 Teilnehmern haben ca. 200 im Camp geschlafen.

Die Heldenkurbel
Mit einer 39/27 den Mortirolo hochzufahren ist nicht wirklich schlau... Am gängigsten waren Kompaktgruppen, aber auch Dreifachkurbeln und Moutainbikeschaltungen wurden gefahren.

Ergebniss
1. Etappe   486. / 486. Gesamt
2. Etappe   527. / 505. Gesamt (-19)
3. Etappe   476. / 493. Gesamt (+12)
4. Etappe   446. / 464. Gesamt (+29)
5. Etappe   398. / 441. Gesamt (+23)
6. Etappe   398. / 431. Gesamt (+10)
7. Etappe   288. / 408. Gesamt (+23)

Was noch gesagt werden muss

Dem Team und allen Helfern möchte ich recht herzlich danken. Es war perfekt organisiert und ich wünsche Euch noch viele Touren!

Bedanken möchte ich mich weiterhin bei meiner Freundin Conny, die mich vor schlaflosen Nächten auf Achims Ersatzmatte bewahrte, bei Andrea, die mich mit Mineralstoffen versorgte, bei Sabine & Bernd, deren Besuch ein absolutes Highlight war, bei unserem Sponsor, ohne den wir keine Team-Trikots gehabt hätten und bei Dana & Grammi, ohne die die Trikots nicht so schön wären (wir wurden mehrmals drauf angesprochen).

Danke Achim, für deine Geduld und dass du mich 2002 auf den Galibier geschleppt hast!

Danke allen, die den Blog verfolgt und uns die Daumen gedrückt haben!

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